Kochen als Gesamtkunstwerk

Nadia Damaso ist der Shootingstar der Kochbuch-Szene. Die 22-jährige Engadinerin erobert mit ihren Büchern die Bestsellerlisten im Sturm. Beim Treffen in ihrer Küche spricht sie über die Geheimnisse ihres Erfolgs.

Nadia Damaso liebt gesunde Lebensmittel. Sie isst jeden Tag mindestens einen Apfel.
Nadia Damaso liebt gesunde Lebensmittel. Sie isst jeden Tag mindestens einen Apfel.

Diese junge Frau hat einen vollen Terminkalender. Ein Datum fürs Interview findet sich nur mit ein paar Wochen Vorlauf. Dann aber öffnet sie pünktlich die Tür ihrer Altbauwohnung. Strahlend, mit einem offenen Blick und einem Lächeln auf den Lippen begrüsst sie ihre Besucher. Nadia Damaso, die erfolgreiche Kochbuchautorin, scheint kein bisschen angespannt. Wenn sie sich Zeit nimmt, dann richtig. «So bin ich halt», sagt sie. «150 Prozent oder gar nicht.»

Das Gespräch findet in der Küche statt, dem Arbeitsraum der 22-Jährigen. Die Küche der Mietwohnung ist klein, übers Eck angeordnet, mit normal viel Stauraum und ein paar wenigen Geräten. Ein guter Milchschäumer gehört dazu, ebenso wie ein leistungsstarker Stabmixer und eine Kaffeemaschine. An der Wand steht ein einfaches Holzregal mit Vorratsgläsern; darin Quinoa, Bulgur, Gerste, Linsen und Granola. Hier, in ihrer Wohnung in Zürich Oerlikon, entstehen ständig neue Gerichte. Auch die Fotos für ihr erstes Kochbuch – «Eat better not less» («Iss' besser, nicht weniger») – hat sie hier gemacht. Mit der eigenen Kamera und ohne Styling-Tricks wie Haarspray, der das Essen zum Glänzen bringt.

Reise um die Welt

Die Bilder für ihr zweites Kochbuch, das den Zusatz «Around the world» trägt, sind in einem Küchenstudio entstanden. Der Titel verrät es: Das Buch enthält Rezepte mit internationalem Touch, genauer mit Einflüssen aus zwölf verschiedenen Ländern. Nadia Damaso packte letztes Jahr ihren Rucksack und erkundete während drei Mal drei Wochen die Welt. Sie sammelte Inspirationen und tauchte ein in fremde Rea­litäten. Wer nun aber denkt, sie habe diese Reisen minutiös bis ins Detail geplant, liegt falsch. «Ausser den Flügen und einigen Hotels habe ich nichts gebucht», erzählt sie. «Erleben heisst nicht planen. Ich wollte mich einlassen können auf Land und Leute.» Nadia Damaso hat dieses Spontane, Unverblümte, das zu ihrem jugendlichen Alter passt. Und doch wirkt sie auch reif, zielstrebig, entschlossen. Das war sie wohl schon immer, schon als Kind im Engadin, wo sie für die Familie kochte. «Ich sperrte mich in der Küche ein und zauberte einen Viergänger auf den Tisch.» Das Menu schrieb sie auf und hängte den Zettel an die Wand. Kerzen sorgten für eine festliche Stimmung, für Mama und Papa gab es ein Glas Wein. Die kleine Nadia tat, was sie heute noch tut: Erlebnisse kreieren. «Beim Essen geht es mir nie nur darum, den Magen zu füllen.»

Mit Leidenschaft am Werk 

Ihre Kreationen sehen lecker aus, sie präsentiert sie üppig auf einem matten schwarzen Untergrund, verziert mit Beeren, Saucenklecksen oder klein gehackten Nüssen. Alles wirkt, als sei es in vollkommener Leichtigkeit entstanden, gerade eben, aus einem Gedankenblitz heraus. Tatsächlich kommen die Gerichte so ähnlich zustande. «Das Schwierigste ist für mich, Rezepte seriös aufzuschreiben», sagt sie. «Ich mische, koche und kritzle nebenbei auf ein Blatt. Das geht alles recht spontan: Kühlschrank auf und los!»

Ihre Gedanken ordnet die Graubündnerin beim Joggen am Morgen. Sie ist mit viel Sport aufgewachsen, Langlauf gehörte im Winter fast täglich zum Programm. «Ich brauche die Bewegung», sagt sie, beim Rennen kämen ihr die besten Rezeptideen. «Ich denke in Farben und Bildern», erzählt sie dann. «Die Grüntöne im Wald erinnern mich an eine Kombination aus Nüsslisalat und Federkohl. Der Anblick einer roten Walderdbeere und brauner Baumrinde inspiriert mich zur Kreation einer Beere in Mandelkruste. Fliegt eine Biene an mir vorbei, denke ich an ein Feigen-Honig-Dressing.»

Kochen und Essen als Gesamtkunstwerk, ein Feuerwerk aus Farben, Formen, verlockenden Gerüchen und exquisitem Geschmack: Nadia Damaso versteht es, ihr Umfeld mit ihrer Begeisterung anzustecken. «Das ist mein Ziel, ich will anderen mit Kochen eine Freude machen.» Klar stecke hinter dem, sie mache, viel harte Arbeit, sagt sie. «Aber ich möchte zeigen, dass jeder die Gabe hat, seine Leidenschaft zu leben. Jeder Mensch hat das Recht, machen zu dürfen, was ihn erfüllt.»  

Je einfacher, desto besser 

Nadia Damaso hat ihre Berufung gefunden. Lange suchen musste sie nicht. Nach der Primarschule absolvierte sie das Gymnasium, zog danach nach Zürich, schrieb sich an der Film-Schauspielschule ein. Nebenbei verfasste sie ihr erstes Kochbuch. Für die Schauspielschule blieb bald zu wenig Zeit, das Buch war sofort ein voller Erfolg. Nach der Halbzeit gab sie die Schule auf, findet aber rückblickend, sie habe sehr viel über sich gelernt. «Ich stehe gerne vor Leuten, kann mir vorstellen, irgendwann meine eigene TV-Sendung zu haben.» Eine Kochsendung? «Ja, aber etwas, das es noch nicht gibt.»

«Ich denke in Farben und Bildern», sagt Nadia Damaso und das spiegelt sich auch in den Küchbüchern wider.
«Ich denke in Farben und Bildern», sagt Nadia Damaso und das spiegelt sich auch in den Küchbüchern wider.

Mit ihren Büchern möchte die junge Frau ihre Leserinnen und Leser dazu ermuntern, experimentierfreudig zu sein, Überraschendes auszuprobieren. «Kochen ist unendlich, man kann immer etwas Neues erfinden.» Was braucht es dazu? Was ist eine gute Küche? «Völlig egal», antwortet sie wie aus der Pistole geschossen. «Das Wichtigste sind gute, frische Zutaten! Damit kann man überall kochen.» Wenn kein Mixer vorhanden sei, müssten die Zutaten halt fein gehackt werden. «Dadurch nehmen sie einen anderen Geschmack an – unter Umständen eine Offenbarung.» Ihr Motto lautet entsprechend: Je einfacher, desto besser.

Nadia Damaso hat keine Kochausbildung absolviert, sie ist Autodidaktin. Das Gefühl, mit 22 schon den Zenit erreicht zu haben, hat sie trotzdem nicht. «Ich kann noch unglaublich viel lernen; von Spitzenköchen, aber auch von der indischen Grossmutter, die in einer kleinen Gasse Naan-Brot bäckt, wie sie es schon seit 50 Jahren macht.» Solche Erlebnisse inspirierten sie zu neuen Eigenkreationen. Die Buchautorin sagt von sich, sie sei eine «Mega-Perfektionistin», ohne dass es ihr an Spontaneität fehle. «Ich bleibe offen und neugierig, auch wenn ich meistens genau weiss, was ich will.»

Kein Wunder, dass ihre Arbeitstage bei den vielen Projekten nicht nur streng, sondern auch lang werden können. Oft stehe sie nach Feierabend noch in der Küche und koche für sich selbst, erzählt sie. «Ich nehme mir Zeit für das, was mir wichtig ist. Dann geniesse ich jeden Bissen.» Und was ist, wenn die Zeit doch einmal knapp wird? «Dann schlafe ich halt etwas weniger. Fünf Stunden müssen manchmal genügen.» Von Nadia Damaso sind zwei Kochbücher erschienen. 

Das erste, «Eat better not less», verkaufte sich bisher rund 60 000 Mal. Es ist im Fona Verlag erschienen. Mit dem Nachfolgeband «Eat better not less – Around the world» aus dem AT Verlag hat sie erneut einen Erfolg gelandet.

Eat better not less, Around the World

Alle lieben Nadja. Kein Wunder, denn sie kocht, erzählt und beschreibt mit Herzblut und Leidenschaft. Für ihr jüngstes Buch hat sie sich auf eine Weltreise begeben, in Thailand und Indien, Peru und Israel in Strassen- und Familienküchen in die Töpfe geschaut und schöne Bilder und Rezeptideen mitgebracht.

Eat better not less
Around the World
Nadia Damaso
320 Seiten, gebunden
AT Verlag, Aarau, 2017
ISBN 978-3-03800-972-6
Ca. CHF 36.90 

Das Kochbuch lässt sich einfach über unseren Service Buchtipps bestellen.


Text: Rebekka Haefeli, Fotos: Gaëtan Bally
aus: Das Einfamilienhaus, Heft Nr. 3/2018

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