Beat Sidler bewegt sich als Leiter des V-Zug-Labs in einer besonderen Sphäre. Das Lab gibt Impulse für die Zukunft des Haushaltsgeräteherstellers. In diesem Lab werden Haushaltsgeräte für die Zukunft entwickelt. Im Zentrum steht der Austausch mit den Kunden.
«LAB» steht auf einem A4-Papier, das an einer weissen Türe am Ende eines Korridors klebt. Wir befinden uns in einem Geschäftshaus im Industriegebiet von Zug, in unmittelbarer Nähe des Produktionsstandorts von V-Zug. Die Abkürzung Lab steht für Laboratorium. Hinter der Türe arbeitet eine kreative Truppe an den Haushaltsgeräten der Zukunft.
Die Einrichtung wirkt bei unserem Besuch noch provisorisch: Da ein paar SBB-Paletten auf Rollen, die zu einem mobilen Stehpult umfunktioniert wurden, dort ein Sitzungszimmer mit Klapptisch und Holzbank. Und überall an den Wänden finden sich grosse Plakate, die mit farbigen Post-it-Zetteln beklebt und mit Filzstift beschriftet sind. Hier denken ideenreiche Geister mit Technik-Know-how über die Zukunft unserer Kochherde, Geschirrspüler und Waschmaschinen nach.
Mit allen Wassern gewaschen
Der Chef des Labs ist Beat Sidler, 52, langjähriger Mitarbeiter des Traditionsunternehmens. Offiziell wurde das Lab Anfang 2018 lanciert. Bis Ende Jahr soll die Mannschaft auf 15 bis 17 Mitarbeitende anwachsen. Zurzeit sind die Frauen noch leicht in der Unterzahl, doch das soll sich ändern. Sidler strebt eine ausgewogene Mischung an, nicht nur zwischen den Geschlechtern, sondern auch unter den vertretenen Berufen.
Interdisziplinarität heisst das Stichwort. Im Lab arbeiten Experten, die sich von A bis Z mit der Technik der Haushaltsgeräte auskennen. Gebraucht werden aber auch Marketingfachleute und Mitarbeiter, die Topkenntnisse in Softwareentwicklung vorweisen können. Die Truppe im Lab muss mit allen Wassern gewaschen sein, denn der Druck ist nicht zu unterschätzen. Beat Sidler als Lab-Manager bekommt diesen besonders zu spüren. «In der heutigen Zeit kann alles nicht genug schnell gehen», sagt er. «Die Erwartungshaltung an uns ist hoch.»
Erwartungen sind allerdings nicht nur punkto Geschwindigkeit vorhanden, sondern auch, was die Qualität von Neuentwicklungen betrifft. Der Grund dafür liegt auf der Hand. V-Zug bewegt sich in einem hart umkämpften Markt. Die Firma produziert für die ganze Welt in Zug und somit an einem der teuersten Standorte in der Schweiz. Dazu kommt: Die Konkurrenz schläft nicht – und die Zukunft hat bereits begonnen. «Die Digitalisierung wird unser ganzes Leben verändern», hält Sidler fest, «wir müssen unsere Angebote darauf ausrichten. Im Lab hat V-Zug die Kräfte gebündelt.»
App mit «Gelinggarantie»
Vieles ist noch im Fluss, einiges ist noch nicht spruchreif. Ein paar handfeste Entwicklungen kann Sidler aber bereits präsentieren. Etwa die V-Zug-App, auf der man Hunderte von Rezepten und Informationen zu Kochgeräten findet. Die App wird laufend weiter entwickelt, parallel zu den Geräten, die damit vernetzt werden. Beat Sidler demonstriert das Ziel am Prototyp eines Steamers: Der Kunde oder die Kundin zu Hause lässt sich von den Rezepten und den Fotos auf der App inspirieren. Sobald der Entscheid für ein Gericht gefällt ist, wird auf der App die Einkaufsliste erstellt. Zukünftig geht innert Sekunden die Bestellung heraus, und der Lebensmittelhändler liefert die Ware. Der Kochvorgang wird ebenfalls via App gestartet. Das Gerät stellt automatisch die richtige Temperatur und den Timer ein und piepst, wenn die Mahlzeit fertig ist.
Beat Sidler spricht von einer «Gelinggarantie», die der Kunde mitsamt der Technik geliefert bekommt. «Unsere Kochrezepte wurden x-fach getestet.» Im Lab werde an Entwicklungen getüftelt, die den Kunden oder die Kundin entlasten und ihr Leben vereinfachen sollen. «Immer mehr Leute wollen heute ihre rare Freizeit bewusst einsetzen», sagt Sidler. «Dafür bieten unsere Geräte die geeignete Unterstützung.»
Traut man den Leuten also nicht einmal mehr zu, ein Kochbuch zu lesen und einen Backofen zu bedienen? Nein, sagt Sidler. «Wir wollen die Kunden durch All-in-one-Lösungen nicht entmündigen.» Es sei wie bei einem Fotoapparat: Da könne auch jeder selbständig entscheiden, ob er die Automatik benutzen wolle.
Kundenbindung 2.0
Die farbigen Post-its und das
kreative Gekritzel an den Wänden weisen darauf hin: Diskussionen werden
hier ohne Schere im Kopf geführt, falsche Denkweisen gibt es
grundsätzlich nicht. Sidler setzt im Lab auf Arbeitsmethoden wie Design
Thinking mit Workshops. Masterpläne helfen, die Arbeit zeitlich und
inhaltlich zu planen. «Wir sind kein freigeistiges Kreativ-Kollektiv.
Die Basis bilden klare Strukturen.» Wichtig sei bei dieser Arbeitsweise,
sich bereits in einer frühen Phase mit den Kundinnen und Kunden
auszutauschen – auch das ist für das Unternehmen ein relativ neuer
Denkansatz.
Traditionellerweise kam man bei V-Zug bisher fast nur
beim Verkauf von neuen Geräten in Berührung mit den Nutzern. Abgesehen
von gelegentlichen Besuchen eines Servicemonteurs gab es fast keinen
Kontakt. Das ist nun anders, wie Sidler erklärt. «Wir laden unsere
Kunden ein und diskutieren mit ihnen über Prototypen.» Erst kürzlich
habe man über innovative Kochinseln debattiert, die sich den
Bedürfnissen anpassen. Denkbar wären beispielsweise Küchentheken, die
flexibel nutzbar sind, indem man Teilbereiche absenken kann. Die Theke
könnte mit einer Software und einem Bildschirm ausgerüstet werden, der
Interaktionen während des Kochens erlaubt: Chatten mit
Gleichgesinnten etwa, oder Telefonieren mit der Familie. «Damit könnte
man den Bedürfnissen der Multioptions-Gesellschaft besser gerecht
werden.»
Vom Spannungsfeld fasziniert Die V-Zug-App erlaubt es
Kunden bereits heute, direktes Feedback zu geben. Das Unternehmen könne
dadurch rasch Verbesserungen vornehmen und Anwendungen
weiterentwickeln, sagt Sidler. Mit anderen Worten: Alles ist in
Bewegung, nichts bleibt, wie es war. Der Lab-Manager erklärt, dieses
Umfeld der ständigen Veränderung und Vernetzung entspreche ihm sehr.
«Ich war schon immer einer, der gern Welten verband.» Der gelernte
Elektroingenieur bildete sich in Betriebswirtschaft weiter und
arbeitete später im Verkauf und in der Produktentwicklung. «Mich
fasziniert dieses Spannungsfeld zwischen Tradition und Digitalisierung»,
sagt er. Das Lab scheint dafür der richtige Ort zu sein.
Text: Rebekka Haefeli, Fotos: Gaëtan Bally
aus: Das Einfamilienhaus, Heft 4/18
Bezugsquelle:
V-Zug AG
6301 Zug
Tel. 041 767 67 67
www.vzug.ch