Finanzierung: Nicht an die Schmerzgrenze gehen!

Wie finanziert man sich den Traum vom Eigenheim – zumal in der teuren Schweiz? Der Weg führt für die meisten über eine Hypothek. Ohne eigenes Geld geht es aber nicht. Und vollständig ausreizen sollte man seine Möglichkeiten auf keinen Fall.

Um den Traum vom Eigenheim zu realisieren, müssen bei einer soliden Finanzierung auch die Wohnkosten einkalkuliert werden.
Um den Traum vom Eigenheim zu realisieren, müssen bei einer soliden Finanzierung auch die Wohnkosten einkalkuliert werden.

Alles wird teurer – kaum aber etwas derart massiv wie Wohn-eigentum. Seit dem Jahr 2000 steigen die Preise praktisch ununterbrochen, real haben sie sich seither etwa verdoppelt. Das hat einen einfachen Grund: Das Angebot vermag die Nachfrage nicht zu decken. Während es einst ganz normal war, dass sich eine junge Familie ein Einfamilienhäuschen im Grünen leisten konnte, ist der Traum vom Eigenheim heute für viele unerschwinglich geworden. Denn selbst wenn die Zinsen für Kredite im historischen Vergleich nach wie vor nicht besonders hoch sind, machen Vorschriften rund um die Finanzierung von Wohneigentum vielen einen Strich durch die Rechnung: In der Regel müssen 20 Prozent des Kaufpreises aus Eigenmitteln stammen. Das heisst: Wer ein Einfamilienhaus für 1,5 Millionen Franken erstehen will, muss 300 000 Franken selbst hinblättern. Die Hälfte dieses Betrags darf aus der Pensionskasse stammen, 10 Prozent des Kaufpreises müssen aber normalerweise mit sogenannt harten Eigenmitteln finanziert werden. Das ist dann eben das Geld auf dem Konto oder ein Erbvorbezug. Tatsächlich nimmt die Summe von Erbvorbezügen und Schenkungen in der Schweiz rasant zu. 2022 betrug sie 23 Milliarden Franken, das ist über ein Viertel der gesamten Erbmasse. Fachleute führen dies auch auf die gestiegenen Immobilienpreise zurück, Eltern müssen ihren Nachwuchs immer häufiger beim Erwerb von Wohneigentum unterstützen.

Klumpenrisiko Hypotheken
Die meisten Leute finanzieren die restlichen 80 Prozent des Kaufpreises über eine Hypothek – das Wort ist altgriechisch, bedeutet «Unterpfand» und bezeichnet einen Kredit, den man für Wohneigentum aufnimmt und für den man Zinsen bezahlt. Banken sind gehalten, nur jenen eine Hypothek zu geben, welche die Zinsen tragen können. Die strengen Regeln, die sie heute einhalten müssen, dienen der Finanzstabilität und basieren auch auf Lehren aus der Vergangenheit; so zum Beispiel aus der Finanzkrise. Einer der wichtigsten Gründe für diese Krise war, dass die Banken in den USA viel zu riskante Kredite für Eigenheime vergeben hatten – im Glauben, dass die Immobilienpreise ohnehin ständig steigen würden. Schliesslich kam es zu einer Art Schneeballeffekt: Als die Zinsen stiegen, konnten immer mehr Eigenheimbesitzer und -besitzerinnen ihre Hypotheken nicht mehr bedienen, und die Banken mussten Häuser übernehmen, die sich nicht mehr verkaufen liessen. Die Preise fielen weiter, und schliesslich gingen manche Banken pleite, darunter die Lehman Brothers. Diese Geschichte zeigt: Hypo-theken sind für eine Volkswirtschaft ein Klumpenrisiko. Um dieses zu entschärfen, wird von den Banken die sogenannte Tragbarkeit geprüft. Heute gilt die Faustregel, dass die laufenden Kosten für das Wohneigentum nicht mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens ausmachen dürfen.

Severin Brumann, Leiter der Geschäftsstelle Oerlikon der Valiant Bank: «Wer kann, sollte von Anfang an monatlich Geld ansparen, denn irgendwann müssen Geräte ersetzt oder muss etwas am Haus repariert werden.»
Severin Brumann, Leiter der Geschäftsstelle Oerlikon der Valiant Bank: «Wer kann, sollte von Anfang an monatlich Geld ansparen, denn irgendwann müssen Geräte ersetzt oder muss etwas am Haus repariert werden.»

Auf Nummer sicher
Dabei sind aber nicht die effektiven Kosten massgebend, sondern theoretische Werte. Für die Berechnung der Tragbarkeit wird zum Beispiel nicht der tatsächliche Hypothekarzins genommen, sondern ein sogenannter kalkulatorischer Zinssatz, der höher liegt. Grund dafür ist, dass die Zinsen tatsächlich auf ein höheres Niveau steigen könnten und das Wohneigentum dann noch immer finanzierbar sein muss. Die Banken gehen also auf Nummer sicher. «Der kalkulatorische Zinssatz beläuft sich bei den meisten Finanzierungsinstituten auf fünf Prozent», sagt Severin Brumann, Geschäftsstellenleiter der Valiant Bank in Zürich Oerlikon. «Dies ist ein langfristiger Mittelwert der Hypothekarkreditverzinsung.» Ebenfalls in die Tragbarkeitsberechnung fliessen die zu erwartenden Betriebs- und Nebenkosten ein. Die meisten Institute rechnen hier mit jährlichen Ausgaben von einem Prozent des Objektwerts. Sie haben jedoch Spielraum. Valiant zum Beispiel rechnet mit 0,5 Prozent. Und hinzu kommt dann auch noch die Amortisation: Ein Teil der Hypothek muss zurückbezahlt werden, was ebenfalls jährlich Kosten verursacht.

Nicht nur der Zins zählt
Wie hoch ungefähr der Betrag ist, den man sich aufgrund der Eigenmittelregelung und der Tragbarkeit in Form einer Hypothek leihen kann, kann sich also jeder und jede selber ausrechnen. Ist das passende Objekt gefunden, geht die Suche nach der besten Finanzierung los. Hypotheken werden meistens von Banken vergeben, aber auch Pensionskassen und Versicherungen mischen im Markt mit – mit der Folge, dass es buchstäblich Hunderte von Angeboten gibt. Diese lassen sich gar nicht so einfach vergleichen. Portale wie hypotheke.ch listen zwar die Zinsen vieler Anbieter auf, aber entscheidend ist eben nicht allein dieser Wert. Es gibt viele weiche Faktoren, die berücksichtigt werden müssen und die sich schlecht in Vergleichstabellen pressen lassen. Wie reagiert zum Beispiel der Hypothekargeber, wenn sich die Lebensumstände verändern, etwa das Haushaltseinkommen infolge eines Unfalls sinkt? In solchen Situationen ist es gut, einen persönlichen Draht zum Finanzinstitut zu haben. Bankgeschäfte sind ein People Business – und das sollte gerade bei Hypotheken nicht vergessen gehen, denn diese sind in der Regel der grösste Kredit, den Menschen im Verlauf ihres Lebens aufnehmen. Sinnvoll ist immer, auch Offerten einer Bank aus der Region einzuholen. Diese kennt die lokalen Verhältnisse und weiss zum Beispiel auch, wann ein Kaufpreis zu hoch ist.

Fest, variabel, gemäss Saron …
Grundsätzlich gibt es drei ver-schiedene Arten von Hypotheken. Eine Festhypothek hat einen fixen Zinssatz über eine fixe Laufzeit; diese beträgt üblicherweise zwei bis zehn Jahre. Der Vorteil ist die Planungssicherheit: Man weiss genau, wie hoch die monatlichen Belastungen in den nächsten Jahren sind. Zudem ist man vor steigenden Zinsen geschützt. Allerdings hat man nichts davon, wenn die Zinsen sinken. Variable Hypotheken haben in der Regel keine Laufzeit; sie können mit einer Frist von beispielsweise sechs Monaten gekündigt werden. Der Zinssatz richtet sich nach den Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt und kann daher schwanken, er lässt sich nicht genau planen. Das gilt auch für die dritte Art von Hypotheken, die Saron-Hypothek. Bei ihr wird der Zinssatz regelmässig neu festgelegt. Basis ist der Schweizer Basiszinssatz Saron – das Kürzel steht für «Swiss Average Rate Overnight». Er wird von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und dem Finanzdienstleister SIX laufend aufgrund der Transaktionen am Schweizer Geldmarkt ermittelt. Eine Saron-Hypothek hat in der Regel – jedoch nicht immer – eine feste Laufzeit und kann je nach Anbieter auch in eine Festhypothek überführt werden; das ist dann sinnvoll, wenn diese bei gestiegenem Saron günstiger ist.

… und in vielen Varianten

Bei jeder Art gibt es noch Varianten. Severin Brumann von Valiant: «Als eines von ganz wenigen Finanzinstituten bieten wir eine Familien-Hypothek an.» Dabei handelt es sich um eine Festhypothek für Familien oder Alleinerziehende mit Nahwuchs unter 18 Jahren, der im selben Haushalt lebt. Die maximale Laufzeit beträgt zehn Jahre. Während dieser Zeit wird der Zins auf einem maximalen Hypothekarbetrag von einer Million Franken um bis zu 0,2 Prozent reduziert. Nach Ablauf können Kundinnen und Kunden erneut von einer Familien-Hypothek profitieren, wenn die Bedingungen weiterhin erfüllt sind. Auch für Umweltbewusste gibt es bei Valiant eine spezielle Festhypothek: die Lila Umwelthypothek. Wer eine energieeffiziente Liegenschaft kauft, zum Beispiel ein Minergie-Haus, oder seine Liegenschaft energetisch saniert, kann eine solche Hypothek abschliessen. In beiden Fällen profitiert man für die ersten 250 000 Franken von einem reduzierten Zinssatz von bis zu 0,3 Prozent. Das sind 750 Franken im Jahr. Ähnliche Angebote finden sich auch bei vielen anderen Banken.

Dominik Hofer, Hypotheken-Coach bei der Mobiliar Versicherung: «Wenn möglich, sollte man so viel wie möglich amortisieren.»
Dominik Hofer, Hypotheken-Coach bei der Mobiliar Versicherung: «Wenn möglich, sollte man so viel wie möglich amortisieren.»

Die Plattform der Mobiliar
Ein spezielles Vorgehen hinsichtlich Hypotheken hat die Mobiliar entwickelt. Hypotheken-Coach Dominik Hofer: «Unsere Eigenheim-Finanzierungen finden über eine Plattform statt. Die Anbieter sind ausschliesslich Schweizer Firmen. Dazu gehören Versicherungen, Pensionskassen und Banken. Der Hypothekarvertrag wird aber mit der Mobiliar abgeschlossen, und wir sind auch der einzige Ansprechpartner für die Kundschaft.» Die Fachleute der Mobiliar suchen auf der Plattform nach dem passenden Geldgeber. Sollte dieser aus dem Hypothekengeschäft aussteigen, ändert sich für die Hypothekarnehmer nichts, denn sämtliche Firmen, die auf der Plattform aktiv sind, haften solidarisch für alle vergebenen Hypotheken. Bei der Mobiliar kann man eine Festhypothek mit sehr langer Laufzeit von bis zu 25 Jahre abschliessen. Dominik Hofer: «Je nach Zinsentwicklung kann das natürlich ein Risiko sein – aber eben auch eine Chance.» Die Geldgeber auf der Mobiliar-Plattform fahren eine unterschiedliche Kreditpolitik. Es gibt zum Beispiel solche, die auf Liegenschaften spezialisiert sind, oder solche, die für sehr lange Laufzeiten sehr gute Konditionen anbieten.

Amortisieren und profitieren
Ist Ihnen die ganze Sache noch nicht kompliziert genug? Bitte: In der Regel schliesst man nicht eine, sondern zwei Hypotheken ab, eine erste und eine zweite. Severin Brumann: «Die erste Hypothek wird normalerweise bis 67 Prozent des Verkehrswerts – also des von uns geschätzten Werts eines Wohnobjekts – gewährt. Die zweite Hypothek deckt den darüberliegenden Teil der Finanzierung bis maximal 13 Prozent des Verkehrswerts ab.» Die zweite Hypothek muss obligatorisch innerhalb von maximal 15 Jahren oder bis spätestens bei der Pensionierung zurückgezahlt werden. Das nennt man Amortisation. Und dafür gibt es zwei Möglichkeiten, wie Severin Brumann ausführt: «Bei der direkten Amortisation wird die Hypothek direkt zurückgezahlt, wodurch die Hypothekarschuld schrittweise reduziert und die Zinsbelastung kleiner wird. Die andere Möglichkeit bei Eigenheimfinanzierungen ist die indirekte Amortisation zugunsten einer Säule 3a, die steuerliche Vorteile mit sich bringt.»

Marko Schnick, Finanzplaner bei Valiant: «Es muss sichergestellt werden, dass die Lebenshaltungskosten im Alter weiterhin gedeckt sind.»
Marko Schnick, Finanzplaner bei Valiant: «Es muss sichergestellt werden, dass die Lebenshaltungskosten im Alter weiterhin gedeckt sind.»

Sparen und investieren
Weil nur die zweite Hypothek amortisiert werden muss, bleibt die erste oft viele Jahre lang gleich hoch. Aber Dominik Hofer von der Mobiliar gibt zu bedenken: «Spätestens mit der Pensionierung sinkt in der Regel das verfügbare Einkommen. Hat man immer noch keinen Franken von der ersten Hypothek zurückgezahlt, kann es sein, dass die Tragbarkeit nicht mehr gegeben ist – und dann droht schlimmstenfalls der Verlust des Wohneigentums.» Deshalb rät er dringend: «Wenn möglich, sollte man so viel wie möglich amortisieren.» Severin Brumann doppelt nach: «Wer kann, sollte ausserdem von Anfang an monatlich Geld ansparen. Denn irgendwann müssen Geräte ersetzt oder muss etwas am Haus repariert werden. Deshalb ist es wichtig, vorauszudenken. Es schmerzt weniger, einen grossen Betrag ausgeben zu müssen, wenn man vorher monatlich in kleinen Sparraten Geld zur Seite gelegt hat. Wird der Sparbetrag gleich noch investiert, damit das Geld arbeitet, ist man in der Königsklasse angekommen.»

Altersvorsorge nicht vergessen!
Wer sich Wohneigentum leistet, sollte die Altersvorsorge nicht vernachlässigen. Marko Schnick, Senior Finanzplaner bei Valiant: «Wird das Eigenheim mit Hilfe der Pensionskasse finanziert, bedeutet das einen wesentlichen Eingriff. Die Rentenleistung wird reduziert, und es muss sichergestellt werden, dass die Lebenshaltungskosten im Alter weiterhin gedeckt sind.» Deshalb rät er, eine umfassende Finanzplanung in Anspruch zu nehmen und so Transparenz über die Auswirkungen bei der Finanzierung aus dem Vorsorgeguthaben zu erhalten. Bei der Mobiliar gehört das Thema Vorsorge zu jeder Hypotheken-Beratung. Dominik Hofer: «Zudem prüfen wir, welche Konsequenzen eine Hypothek im Invaliditäts- oder Todesfall nach sich zieht.» Das klingt natürlich gut. Dennoch bleibt klar: Wohneigentum ist teuer, und die Kosten belasten einen über sehr lange Zeit. Es kann zu unvorhergesehenen Ausgaben kommen. Und wenn man ein schönes Heim hat, will man es sich in der Regel auch schön einrichten, was ebenfalls kostet. Es bleibt daher essenziell, finanziell nicht an die Schmerzgrenze zu gehen – sonst könnte sich der Traum vom Eigenheim zu einem Albtraum entwickeln.

Das Schweizer Magazin DAS EINFAMILIENHAUS bietet viele Inspirationen fürs Bauen, Wohnen, Haus und Garten.

Text: Marius Leutenegger und Manuela Talenta
aus dem Magazin: Das Einfamilienhaus, Zeitschrift Nr. 3/2024

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