«Früh an die Sicherheit zu denken, lohnt sich»

Thomas Nabholz hat als Chef der Kriminalpolizei Zug berufshalber fast täglich mit Einbruchsdelikten zu tun. «Ein Einbruch in die eigenen vier Wände kann traumatische Auswirkungen haben», sagt er. «Umso wichtiger ist es, sich so gut wie möglich zu schützen.»

Thomas Nabholz ist als Chef der Zuger Kriminal­polizei jeden Tag am Puls des Geschehens.
Thomas Nabholz ist als Chef der Zuger Kriminal­polizei jeden Tag am Puls des Geschehens.

Die Haustüre ist aufgebrochen, alle Schubladen sind heraus­gerissen. Unterwäsche, Socken, aber auch persönliche Dokumente und Bücher liegen wild verstreut am Boden. Nach dem ersten Schock versucht man, sich einen groben Überblick über das zu verschaffen, was weggekommen ist. Es fehlen der geerbte Goldschmuck der Grossmutter, ein paar hundert Franken und Euro in kleinen Scheinen, ein Goldvreneli und die Fotokamera: So präsentiert sich das typische Bild nach einem Einbruchdiebstahl. Oft ist der finanzielle Schaden verkraftbar und die Versicherung übernimmt den Ersatz der gestohlenen Ware. Viel schwerer als der materielle Verlust wiegt in vielen Fällen das Gefühl, in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher zu sein.

Gute Nachbarschaft ist wichtig

Thomas Nabholz ist seit Herbst 2018 Chef der Kriminalpolizei der Zuger Polizei und weiss, was es heisst, Opfer eines Einbruchs geworden zu sein. Die Zuger Polizei berät Personen, die nach solchen Vorfällen nur schwer mit der Tatsache fertig werden, dass fremde Leute ihre privatesten Räume durchsucht haben. Manchmal ist ein Umzug unausweichlich. «Die Nachbetreuung nach einem Einbruch ist sehr wichtig», erklärt Nabholz. «Wir kontaktieren die Leute, die ein Delikt angezeigt haben, standardmässig nach einer gewissen Zeit wieder. Benötigen sie psychologische Hilfe, weisen wir sie an Fachpersonen weiter.» In seinem familiären Umfeld hat er erlebt, dass allein schon ein Einbruchversuch nicht leicht zu verkraften ist. «In diesem Fall hatte die Eingangstüre der Gewalt, welche die Täter einsetzten, zum Glück standgehalten. Ein Gefühl der Unsicherheit aber war zwischenzeitlich trotzdem da.»

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in der Schweiz 30 383 Einbruchdiebstähle angezeigt, wie aus der Kriminalstatistik hervorgeht; das entspricht gut 83 Delikten pro Tag. Die Zahl der Einbruchdiebstähle ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Für die Betroffenen, die sich zu Hause mit einem durch Einbrecher verursachten Schlachtfeld konfrontiert sehen, ist die Statistik allerdings kein Trost. Nabholz rät darum, sich so gut wie möglich zu schützen – obschon sich ein Einbruch nie hundertprozentig vermeiden lässt. «Der beste Schutz ist ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn», sagt er. Diesen soll man mitteilen, wann man länger nicht zu Hause ist, und sie bitten, die Augen offenzuhalten. «Verdächtige Beobachtungen im Quartier sind dem Notruf 117 zu melden», rät Nabholz. «Wir von der Polizei sind nicht böse, wenn wir einmal vergeblich alarmiert werden. Wenn Bürgerinnen und Bürger uns brauchen, sind wir für sie da.»

Sicherheit kann man nachrüsten
Eine Alarmanlage kann zusätzliche Sicherheit bieten. Damit sie im Ernstfall einwandfrei funktioniert, braucht es bei der Installation aber viel Fachwissen und eine genaue Instruktion der Bewohnerinnen und Bewohner. Entscheidend ist die Reaktionszeit, in welcher die Polizei nach einer Alarmierung vor Ort sein kann. Professionelle Einbrecher arbeiten ausserordentlich schnell und effizient und sind unter Umständen längst über alle Berge, wenn das Alarmierungskonzept nicht bis ins Detail durchdacht ist. Fehlalarme, die einen Polizeieinsatz zur Folge haben, können in Rechnung gestellt werden.

«Wir von der Polizei sind nicht böse, wenn wir einmal vergeblich alarmiert werden.»
«Wir von der Polizei sind nicht böse, wenn wir einmal vergeblich alarmiert werden.»

Neben der Beziehungspflege mit den Nachbarn empfiehlt Nabholz, das Haus mit technischen und baulichen Massnahmen zu schützen. Eine einfache Möglichkeit sind Bewegungsmelder oder Zeitschaltuhren, die das Licht in den einzelnen Räumen regeln. Mit Zeitschaltuhren lässt sich die Anwesenheit der Bewohner auch während längerer Abwesenheiten vortäuschen, sofern das Licht nicht immer um dieselbe Zeit angeht. So fällt es Einbrechern, die Häuser vor der Tat ausspionieren, schwerer, ein allfälliges Muster zu erkennen. Türen sollten einen gut verankerten Türrahmen besitzen und über ein Sicherheitschloss mit Mehrpunktverriegelung verfügen. Solche Multilock-Türen können bei älteren Häusern auch nachgerüstet werden. «Man muss daran denken, nicht nur die Eingangstüre zu sichern», sagt Nabholz. «Auch Kellerzugänge, Garagen, Lichtschächte und Gitter sollten einbruchhemmend sein.» Alte Fenster können ebenfalls mit Stangen nachgerüs­tet werden, die ein einfaches Aufbrechen verhindern.

Am besten bedient ist freilich, wer sich bereits in der Konzeptphase des Hausbaus mit möglichen Sicherheitsmassnahmen befasst. «Früh an die Sicherheit zu denken, lohnt sich. Man erspart sich zusätzliche Auslagen, spätere Umtriebe und viel Ärger», so Nabholz. «Die Präventionsspezialisten der Polizei helfen gerne bei der Erarbeitung von Sicherheitskonzepten.» Professionelle Banden Einbrüche werden sowohl in Mehrfamilien- als auch in Einfamilienhäuser verübt. «Die meisten Täter gehen sehr professionell vor; oft handelt es sich um ausländische Banden», erklärt Nabholz. Zwar existiere der Typus des notorischen Einbrechers, der als Einzeltäter unterwegs ist, nach wie vor. Häufiger handle es sich bei der heutigen Täterschaft aber um absolut gewiefte Gruppen, oft aus dem osteuropäischen Ausland, die gewerbsmässig und sehr gut organisiert vorgehen. «Die späteren Einbrecher kundschaften das Quartier aus, bevor sie delinquieren», sagt Nabholz. Dafür würden Männer, Frauen und auch Jugendliche eingesetzt. «Es kommt vor, dass zwei Späher als ganz normales Pärchen getarnt und mit einem Kinderwagen durch die Gegend spazieren.»

In Zug sind Einbrecher besonders oft in der Nähe der Autobahneinfahrten und -ausfahrten aktiv. Das ermöglicht ihnen eine schnelle Flucht. Die Aufklärungsquote liegt im Kanton Zug bei den Einbruchdiebstählen bei 22 Prozent. Das bedeutet laut Nabholz nun aber nicht, dass ein Fünftel der Täterinnen oder Täter gefasst werden. «In 22 Prozent der Fälle können wir die Täterschaft ermitteln», erklärt der Kriminalpolizeichef. «Das heisst, wir können Sachbeweise wie DNA-Profile oder Fingerabdrücke einer bestimmten Person zuordnen.» Die Suche nach solchen Spuren ist für die Spurensicherung nach jedem Einbruch Routine. Manchmal hinterlassen die Täter auch Schuhabdrücke in der nassen, aufgeweichten Erde oder auf einem Teppich. Die Erfahrung zeigt, dass viele Einbrecher nicht nur in einer einzigen Region aktiv sind; die Spuren ihrer Delikte ziehen sich durch die ganze Schweiz und über die Landesgrenzen hinaus. Um sie zu fassen, arbeiten die Polizeikorps zusammen.

Mit Herzblut bei der Arbeit
Als Chef der Zuger Kriminalpolizei ist der 36-jährige Thomas Nabholz sehr nah am Puls des Geschehens. Bevor er zur Zuger Polizei kam, war er Staatsanwalt im Kanton Schwyz. Bereits in dieser Funktion befasste sich der gebürtige Berner mit Einbrüchen, aber auch mit Abgründen der Strafjustiz wie Fällen von Kinderpornographie. «Meine Frau ist Polizistin und versteht darum gut, wenn mich die Arbeit auch einmal in der Freizeit beschäftigt», sagt er. Auf die Frage, warum er Jurist geworden sei, hat er eine klare Antwort: «Der Gerechtigkeitsgedanke ist mir sehr wichtig. Ich möchte der Gesellschaft etwas geben. Und das mache ich mit Herzblut.»

Text: Rebekka Haefeli, Fotos: Gaëtan Bally
aus: Das Einfamilienhaus, Heft Nr. 04/2019

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